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Asanas im Tripada Yoga

ein Beitrag von Hans Deutzmann

 

Die Praxis von Ananas bildet die Basis für alle anderen Übungen. Jeder, der einen Yogakurs besucht, beginnt mit dieser Art von Yogapraxis. Ursprünglich bezeichnete das Wort nur das Sitzen oder eine Sitzunterlage („as“ = sitzen), im engeren Sinne die meditative Sitzhaltung. Im Curriculum des Patanjali steht Asana nach Yama und Niyama an dritter Stelle des achtfachen Yogapfades. Im Laufe der Zeit haben sich eine Vielzahl von Körperhaltungen entwickelt. Sie sind jedoch ursprünglich dazu bestimmt, die Fähigkeit des langen Sitzens in der meditativen Sitzhaltung zu fördern.

Stundenlanges Verweilen im bewegungslosen Sitzen ist nicht einfach. Konzentration auf die geistigen Vorgänge gelingt nicht, wenn der Körper schmerzt. Deshalb hat man damit begonnen, den Körper durch Dehnen der Muskulatur und das Beugen der Wirbelsäule in verschiedene Richtungen vorzubereiten. Dabei stellte man fest, daß die Übungen das allgemeine Wohlbefinden verbessern und körperliche Leiden mindern können. In den Quellentexten des Hatha-Yoga werden jeweils eine Auswahl von asanas beschrieben. So beschreibt die HYP 15, die GHS 32, die Shiva- Samhita erwähnt 84 asanas (Vgl. Ebert 1986, S.26). In neuzeitlichen Schriften finden sich weit mehr: Iyengar (1993) stellt mit über 300 Haltungen einen Rekord auf. Ebert (1986, S.26) teilt mit, daß in den Ashrams Indiens im allgemeinen nur wenige asanas aus einem Gesamtangebot von 25 bis 40 praktiziert werden. Der volle Kurs, der z.Bsp. von Kuvalayananda (1982) empfohlen wird, enthält 11 Haltungen und 6 andere Techniken. Die sogenannte Rishikesh-Reihe von Lysebeth (1975) enthält neun asanas. Die in der Anlage am Ende der Arbeit beigefügte Übersicht (entnommen aus Ebert 1986, S.29-31) enthält die wichtigsten aus der Yogatradition bekannten Grundhaltungen.

Unterteilung der Asanas:

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Haltungen zu unterteilen. Gharote unterscheidet meditative, körperpflegende und entspannende Asanas. Meditative Asanas sind Sitzhaltungen, die dem Körper eine aufrechte und angenehme Haltung ermöglichen. Arme und Beine werden unterschiedlich angeordnet, so daß Variationen entstehen.

Körperpflegende Asanas sind statische Dehnübungen, die dazu dienen, die Wirbelsäule beweglicher zu machen, die Rücken- und Wirbelsäulenmuskulatur zu stärken sowie die lebenswichtigen inneren Organe im Brust- und Bauchraum und alle Systeme des Körpers zur richtigen Funktion anzuregen. Jeder Muskel, jeder Nerv und jede Drüse sollen trainiert werden. Sie sollen zu Ausgeglichenheit, Ausdauer, Beweglichkeit und großer Vitalität führen, vor allem aber die Gedanken schulen (Iyengar 1993, S.34). Körperpflegende asanas werden in vielen Körperhaltungen ausgeführt, etwa im Liegen, im Sitzen, im Stehen, auf dem Bauch, dem Rücken oder im Vierfüßlerstand. Außer Beugungen und Dehnungen der Wirbelsäule in alle möglichen Richtungen (Vorbeugen, Rückwegen, Seitwärtsbeugen, Drehungen, Streckungen) gibt es auch Umkehrhaltungen. Dabei befindet sich der Kopf unterhalb des Beckens und der Beine. In Balanceübungen (Gleichgewichtshaltungen) wird der Kontakt zum Boden verkleinert.

Entspannende Asanas werden im Liegen ausgeführt. Sie werden zwischen einzelnen körperpflegenden Asanas praktiziert; außerdem wird mit einer tiefen Entspannung von Körper und Geist in einer liegenden Entspannungshaltung eine Yogapraxis beendet.

Methodische Grundprinzipien der Asanas:

Bevor ich mich mit den Wirkungen der Asanas befasse, möchte ich zunächst die wichtigsten methodischen Grundprinzipien der Ausführung beschreiben.
Das wesentliche Grundprinzip hat bereits Patanjali in dem Sutra II.46 festgelegt: sthira-sukham-asanam:

Die Sitzhaltung soll fest und angenehm sein.

Festigkeit und Stabilität einerseits, Angenehmheit und Bequemheit andererseits charakterisieren die korrekte Ausführung eines asana. sukha bedeutet als Adjektiv angenehm, bequem, leicht; als Substantiv Freude oder Glück . Die psychische Zielsetzung der Praxis ergibt sich ebenfalls aus Patanjalis Definition:

Alle Yogapraktiken haben das Ziel, die Bewegungen des Geistes zur Ruhe zu bringen: „cittavrittinirodah“.

Im Kommentar von Vyasa zu dem Patanjali Yoga Sutra II.47 heißt es, daß die Haltung vollkommen wird, wenn jede Anstrengung bei ihrer Ausführung schwindet, denn Patanjali schreibt hier völlige Entspannung vor, bei der der Geist einen Zustand der Betrachtung des Unendlichen einnehmen soll (PYS II.47) .Die GHS ordnet der asana-Praxis das Ziel der Stabilität zu. Angestrebt wird eine gute Körperverfassung, die stark und elastisch ist, ohne an Muskelkraft gebunden zu sein sowie den Körper vor Krankheit schützt. Müdigkeit soll abgebaut und die Nerven sollen beruhigt, Spannung und Entspannung in eine gute Balance gebracht werden. Da das Ziel der Übungen in der Beseitigung von psychophysischer Disharmonie zu sehen ist, verbietet sich jedes auf Äußerlichkeiten gerichtetes Leistungsdenken. Geübt wird die rechte Achtsamkeit in der Gegenwart, die Absichtslosigkeit des Handelns. Bei richtigem Ausführen der asanas sollten weder Schmerzen noch unangenehme Gefühle auftreten. Sie zeigen eine schlechte Ausführung der Übung an oder weisen auf ein Problem hin, dessen Ursache und Bedeutung untersucht werden sollten. Sie haben also einen diagnostischen Wert (Vgl. Gharote 1997, S.24). Wahrnehmung, Akzeptanz und Auseinandersetzung mit diesen Grenzen bieten Möglichkeiten der Selbsterkenntnis. Als Indikator für eine richtige Praxis gilt das subjektive Empfinden. Man sollte sich nach einer Yogastunde frisch, voller Energie, ausgeglichen fühlen.

Zur Ausführung der Asanas:

Alle Asanas werden in einer langsamen, gleichmäßigen Bewegung eingenommen. Das Wesentliche ist dann das ruhige Verharren in der Haltung für eine angenehme Zeit. Es erfolgt eine statische Dehnung. Dann wird die Haltung in einer langsamen, gleichmäßigen Bewegung wieder verlassen. Die Dauer des Verweilens in der Haltung kann im Laufe der Zeit verlängert werden. Die statische Dehnung für eine gewisse Zeit ist der zentrale Aspekt. In die Dehnung wird entspannt, die Anstrengung wird auf ein Minimum reduziert und verschwindet schließlich ganz. Ruckartige Bewegungen werden vermieden, ebenso jede dynamische Kraftentfaltung. Die Atmung soll die ganze Zeit über entspannt und ruhig bleiben. Der Geist, die Aufmerksamkeit ist auf die Körperempfindungen und den Atemfluß gerichtet. Es wird versucht, durch Konzentration eine maximale Relaxation der nicht unmittelbar für die Aktion benötigten Muskeln zu erreichen. Es soll keine Überforderung geben; die Art der Ausführung garantiert Kontrolle und Sicherheit. Als Indikator für die richtige Ausführung wird angesehen, daß der Atem ruhig und gleichmäßig fließt.

Bei der Auswahl der Übungen müssen die individuellen Voraussetzungen berücksichtigt werden: Alter, Geschlecht, körperliche Verfassung. Der oder die Übende soll sich in dem Muster der Haltung angenehm fühlen. Es wird mit leichten Übungen begonnen, die je nach Möglichkeiten und Übungshäufigkeit gesteigert werden können. Zu Beginn der Praxis wird eine Haltung nur ein Minimum an Zeit gehalten; mit der regelmäßigen Praxis wird die Dauer langsam verlängert. Viele Yogahaltungen sind für westliche Schüler zunächst nicht ausführbar. Es werden deshalb Variationen und hinführende Übungen angeboten, die den Möglichkeiten individuell angepaßt sind.

Es wird das Prinzip des schrittweisen Fortschreitens angewendet, das von einfachen zu komplexen Übungen führt. Der moderne Yoga kennt unendlich viele Variationen der Asanas gemäß unterschiedlichen Schulen und Lehrmeinungen. Es gibt eine gewisse Variationsbreite im Übungsstil.  Immer bleibt aber ein liebevoller, geduldiger und einfühlsamer Umgang mit dem eigenen Körper und die Wahrung meditativer Aufmerksamkeit auf den Leib und den Atem entscheidend. Wo immer beim Ausführen einer Übung Schmerz oder Unannehmlichkeit entsteht, ist die Praxis zu beenden. Diese grundlegende Bestimmung erklärt auch die traditionelle Auffassung, daß es so viele Asanas wie Menschen gibt: jeder muß die für ihn passenden Übungen finden und ggf. für die Bedürfnisse seiner momentanen Verfasssung variieren. Die wichtigsten traditionellen Haltungen sind dabei natürlich als Orientierungsrahmen zu sehen; die Modifikationen dienen dazu, dem individuellen Körperbau und Möglichkeiten usw. gerecht zu werden.

Wirkungen der Asanapraxis

In den Quellentexten werden häufig zu einzelnen Übungen körperliche, seelische und spirituelle Wirkungen angegeben. In den modernen Yogalehrbüchern finden sich ebenfalls zu jeder Haltung detaillierte Angaben über die Wirkung der Übung sowie Indikationen und Kontraindikationen. Bei der Fülle von Übungen können hier nur die allgemeinen Wirkungen diskutiert werden.

Haltung und Erleben

Asanas tragen Namen von Lebewesen (Säugetiere, Vögel, Fische, Reptilien, Insekten, Pflanzen), aber auch von Gegenständen (Bogen, Pflug), bedeutenden Yogis (Matsyendra) oder Symbolen. Dabei setzt sich der Yogi mit den verschiedenen Erscheinungsformen der Schöpfung auseinander. Psychosomatisch ist daran der Aspekt interessant, daß die Einnahme einer bestimmten Körperhaltung, Gestik oder Mimik immer auch das innerliche Erleben beeinflußt und umgekehrt. Ballt man etwa die Fäuste, runzelt man zugleich die Augenbrauen und bekommt ein Gefühl der Wut; faltet man die Hände, wird eine fromme Andacht leichter (Vgl. Stokvis/ Wiesenhütter, 1979, S.159/160). Trauer läßt den Körper zusammensinken, während Freude in die Höhe treibt.

Ein Schauspieler lebt sich in eine darzustellende Figur nicht nur mit äußeren Gesten, sondern mit der Imitation von Haltung, Bewegung und Stimme ein. Dies geschieht vor allem vermittels seiner Tonusverhältnisse. Jeder Einfühlungsvorgang in andere ist von der Fähigkeit zur Tonusänderung abhängig, einem „Mitschwingen“ (Vgl. Stokvis u. Wiesenhütter 1961, S.192 ff). In Yogahaltungen nimmt der Yogaübende eine Vielzahl von Haltungen ein, die auch psychische Zustände ausdrücken, etwa Demut oder Dankbarkeit in vorbeugenden Haltungen, Stolz und Kraft in der Heldenstellung, einen Ausgleich von lebensbejahender Kraft und zurückhaltender Bescheidenheit in der Sitzhaltung. Er ahmt zudem die Schöpfung nach, ob Pflanze, Insekt, Säugetier oder Berg, er macht sich ihnen ähnlich (Vgl. Eliade 1977, S.76). Es liegt nahe, daß die Empathie in vielfältige „Haltungen“ und Wesen geeignet sein könnte, Tonusfixierungen zu lockern und entsprechend die Ausdrucks-, Wahrnehmungs- und Erlebnisfähigkeit zu erweitern.

Die Erweiterung der körperlichen Ausdrucksmuster führt zu einer entsprechenden Veränderung von „Haltung und Verhalten“. Deren wesentliche von asanas angestrebte Merkmale sind Stabilität und Gelöstheit. Schon 1926 wies J.H. Schultz intensiv auf den Zusammenhang von „Haltung“ und „seelischem Erleben“ hin. So sei die europäische Erziehung mit ihren tausend „du sollst“, „du mußt“ und „du darfst nicht“ in ihrem innersten Wesen „Spannungserziehung“, die wesentliche Seiten unterentwickelt lasse. Deswegen empfiehlt er die Entspannung als Ausgleich und Ergänzung  Als anderes Beispiel der Konvergenz von innerer und äußerer Haltung erwähnt Schultz 1927 die militärische Erziehung zu strammer Haltung, die einen bestimmten Menschentypus forme.

Systematisch und bewußt gestaltete Haltung sei Vermittler, Keim und Träger der Erlebnisfärbung . Die Methode, durch bewußte und „…systematisch übend herbeigeführte Haltungsänderung die Eigenart des Erlebens gestaltend zu beeinflussen“ hätte ihre kunstvollste Ausbildung im Yoga gefunden (ebd., S.58) .

Die Fähigkeit, eine Balance von Stabilität und Gelöstheit zu finden und zu wahren, ist das angestrebte psychophysische Haltungsmuster der asana- Praxis. Parallelen finden sich in der Eutonie von Gerda Alexander. Auch hier spielt der Begriff des ‘Tonus’ eine große Rolle, angestrebt wird wird das Ziel der „Wohlspannung“ (Eutonus).

Hans Deutzmann

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