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Yama und Niyama – sind Yogalehrer moralischer und ethisch einwandfreier als andere Menschen?

Klassisches Yoga beansprucht für sich das Ziel, das Sozialverhalten zu modifizieren. Hierzu gehören unter „Yama“ die in allen Religionen und ethischen Systemen vorhandenen Regeln der „Gewaltlosigkeit“  und der „Ehrlichkeit“, aber auch das „Nichthorten“ – also nur das aus der Welt zu nehmen, was man wirklich benötigt.

Die den ethischen Richtlinien  entgegenstehenden negativen Emotionen wie Gier,  Zorn und Wut sollen durch Übung und Geistesdisziplin unter Kontrolle gebracht werden.
Hierzu empfiehlt das Yoga Sutra des Patanjali neben der Praxis von Asana und Pranayama z Bsp. die Methode , bei störenden Gedanken über das Gegenteil zu meditieren und so  die Reduzierung der angeborenen Störfaktoren („klesas“) wie „Ichbewusstsein“  und „Haben Wollen / Ablehnen “ zu erreichen.

Die Yogapraxis soll demgegenüber die „erhabenen Gefühle“ hervorbringen  – Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut.

Es ist aus meiner Sicht nach langer Beobachtung der „Yogascene“  mehr als zweifelhaft, das die Praxis von Hatha Yoga  diesem Anliegen gerecht wird. Sie scheint in vielen, wenn nicht den meisten Fällen zu anderen Ergebnissen zu führen, nämlich einer  Aufwertung und Verstärkung des EGO. Generell kann Yoga als Methode betrachtet werden, die der eigenen Nabelschau und der Verbesserung der eigenen Befindlichkeit dient, aber wenig Ausdruck im Sozialen findet. Viele Yogalehrende fallen auch nicht gerade durch ein besonders positives Sozialverhalten auf. Die Yogawelt erinnert leider in manchem eher an die Doppelmoral, wie man sie aus religiösen Kontexten kennt. Dabei sind Yogalehrende nicht selten so unkritisch sich selber gegenüber, das das Sprichwort vom „Splitter im Auge des anderen und dem Balken im eigenen“ hier vollumfänglich zutrifft.

Gerade die Verhältnisse im BDY sind hierfür ein Beispiel. Führende Funktionäre nutzen die Verbandsmittel für eigene Marketing – Zwecke. Es grassiert die Vetternwirtschaft und gelogen wird, das sich die Balken biegen. Unmoralisches  Verhalten verortet man indes nur bei den Anderen – moralische Doppelstandards lassen grüßen. So kann man problemlos gleichzeitig mit einem Siegel für „Werteorientierung“ werben (und sich zur Einhaltung der kaufmännischen Sitten verpflichten) und sich selber zeitgleich rechtswidrig als „Diplom Yogalehrer“ bezeichnen.  Yogalehrende sind in  Macht- und Verteilungskämpfe  verstrickt, sie lügen und  verschaffen sich durch unfaires Verhalten am Markt Wettbewerbsvorteile.Sie nennen sich unzulässig  „staatlich anerkannt“ und maßen sich heilberufliche Kompetenzen an, die sie nicht haben. Sie fantasieren gleichzeitig über den Begriff der  „Demut“ und „ethische Standards“. Bekannte Yogagurus aus aller Welt weisen ein hohe Rate von sexuellem Fehlverhalten und finanziellem Missbrauch auf, zuletzt bei John Friend (Anusara Yoga) und Kausthub Desikachar. Skrupellose Geschäftemacher leiten unwissende Menschen dazu an, als sogenannte „Yogatherapeuten“ ohne Erlaubnis der Heilkunde die Behandlung von Erkrankungen aller Art mit Yoga anzupreisen. Wenn sie mit diesem Fehlverhalten konfrontiert werden, folgen nicht selten Agressionen.

Lieber aber werden Missstände gänzlich ignoriert und führen zu keinen kontroversen Diskussionen. Die Tatsache etwa, das Krishnamacharya in den 40iger Jahren im Palast keine der beschworenen  liebevollen Lehrer- Schüler Beziehungen unterhalten hat, sondern seinen Schutzbefohlene wie Iyengar und andere Jugendliche  schwer misshandelte, ist bekannt, gut dokumentiert und wird aus der Wahrnehmung schlicht ausgeblendet und nicht kritisch hinterfragt.

Das würde sowohl diese popiläre Figur auf ein menschliches Maß reduzieren, als auch „Anspruch und Wirklichkeit“ konfrontieren, etwas, womit sich westliche „Devotees“ nicht gerne befassen. Anspruch und Wirklichkeit haben in dieser Hinsicht im Yoga nichts miteinander zu tun, was übrigens auch auf andere Aspekte des Yoga zutrifft. Mystifikationen haben im Yoga eine lange Tradition (erinnern wir uns an gefakte Events des „Lebendig begraben“ bis hin zu angeblichem willentlichen Herzstillstand) und sind immer schon Teil seines Marketings bis heute, wenn etwa Yoga als therapeutisches Allheilmittel angepriesen wird.

Yogische moralische Überlegenheitsgefühle

Die verbreitet zu beobachtende  paradoxe Aufwertung des EGOS (statt seiner indendierten Relativierung) liegt nach meiner Beobachtung gerade  auch in dem Umstand begründet , sich selber als „auf dem richtigen Weg“ befindlich und damit anderen Menschen moralisch und ethisch überlegen zu fühlen. Ähnliches kann man etwa auch bei „Veganern“ beobachten. Es entsteht ein moralisches Überlegenheitsgefühl. Möglicherweise ist dies auch ein Resultat der einseitigen Betonung des körperlichen im Hatha Yoga, der in Indien lange Zeit sehr kritisch betrachtet worden ist.

Über einen hier möglicherweise mit  zu Grunde liegenden psychologischen Mechanismus  liefert eine neue Studie interessante Hinweise.

Sie deuten darauf hin, das wir hier eine Funktion des EGO als angeborene Neigung sehen können, also ein „Klesa“ am Werk ist. Bei Klesas handelt es sich um „angeborene Störfaktoren“.

Moralisches Verhalten von Menschen lässt sich nur schwer testen. Was moralisch ist und was nicht, darüber gibt es im Alltag viele Meinungen. Das Einzige, was zuverlässig als Konsens angesehen wird, ist die Ablehnung der Tötung von Menschen. Die Tötung von „Terroristen“ durch Drohnen beispielsweise findet aber heute so wenig Protest, das diese moralische Hemmung je nach gesellschaftlichem Kontext auch ausgeschaltet werden kann. Im 2. Weltkrieg wurde auch das Töten Unschuldiger „normal“.  Heute erleben wir das gerade in den vom Westen geführten Kriegen, etwa in Jugoslawien, im Irak, in Afghanistan, in Lybien. Obama scheute sich nicht, zu sagen: „Yes, wew tortured somne folks“. Im Falle eine Krieges fühlen sich alle Parteien im Recht.

Wilhelm Hofmann von der Universität Köln hat in einer  Studie „Moral im Alltag“ zusammen mit Kollegen eine Smartphone-App entwickelt, die von  1200 Versuchspersonen genutzt wurde. Die  App forderte die Teilnehmer über mehrere Tage und mehrmals am Tag  dazu auf, über moralisches oder unmoralisches Verhalten zu berichten. Hierbei ging es um moralisches Verhalten,  das sie beobachtet hatten, das ihnen zuteil wurde, über das sie etwas gelernt hatten, oder das sie selbst ausgeführt hatten. So stellte der Psychologe  sicher, dass jeder nur das Verhalten notierte, was für ihn persönlich als Akt der Moral eingeordnet wurde oder eben gerade nicht.

Das überraschende Ergebnis sagt aus: Moral ist ansteckend.

Wem selbstloses Verhalten zuteil wurde,  geholfen wurde, der war dankbar und  half im Verlauf des Tages eher selbst jemand anderem. Allerdings traf dies nur zu wenn derjenige nicht schon zuvor jemandem geholfen hatte. Eine  frühere gute Tat führte  dazu, sich später eher unmoralisch zu verhalten, denn man ja bereits Gutes getan. Sie berichteten verstärkt über die eigenen gute Taten und mehr über unmoralisches Verhalten anderer. Der moralische Alltag der meisten Probanden bestand darin,

  • sich die eigenen moralischen Bravourstücke vor Augen zu führen und gleichzeitig auf die schlechten Taten der anderen zu verweisen.
  • Menschen haben also eine Tendenz, sich selbst als moralisch einwandfreiere Person zu sehen als andere.
  • Für das eigene Selbstbild ist es besser, die eigene moralische Unbeflecktheit zu verteidigen – und eventuelle Ausrutscher als Ausnahme zu betrachten.

Aus evolutionärer Sicht hat dies möglicherweise Gründe. Man muss wissen, wem man trauen kann. Unehrlichkeit oder Egoismus der Mitmenschen müssen entlarvt werden  und Informationen über unehrenhaftes Verhalten muss an jene weiterverbreitet werden, die einem nahe stehen..Wenn die These zutrifft, dass  viele Yogalehrende sich auf Grund ihrer Yogapraxis ethisch und moralisch der Allgemeinheit  moralisch überlegen fühlen können, ist nicht auszuschliessen, das  dies der Studie zufolge paradoxerweise zu besonders rücksichtslosem Verhalten führt, wie dies m.E. nach  auch oft zu beobachten ist.

Denn man dient ja „per se“ einer höheren Sache, was also logisch dazu führt, auf Grund der psychologischen Prädisposition, sich als moralisch und ethisch hochstehenden Menschen wahrzunehmen. Auf dieser Basis mag man es mit den Einzelheiten des eigenen moralischen Verhaltens dann nicht mehr so genau nehmen.

Eine Kollegin, die als Gastlehrerin in meinem Haus vor Jahren die Gelegenheit zur direkten Abwerbung von Kunden nutzte, rechtfertigte ihr Verhalten so: Sie sei während der Yogalehrerausbildung „tief religiös geworden“ und man dürfe nun niemanden, der den spirituellen Dunstkreis ihrer Aura suche, daran hindern, den Weg zu ihr zu finden. Sich wegen der aktiven Kundenabwerbung und des Missbrauchs der Gastfreundschaft zu beschweren, sei aus dieser Sicht zutiefst egoistisch.

Hatha Yoga kann also dazu führen, das EGO aufzuwerten und falsche Anschauungen über sich und die Welt zu produzieren. Ein wesentlicher Irrtum kann darin bestehen, sich wegen ein wenig Praxis von Asanas als moralisch höherwertig zu betrachten und das wirkliche eigene moralisch – ethische Verhalten unkritisch zu sehen.

Aus diesem Grund vertritt die Tripada Akademie die Entwicklung eines neuen Yogalehrertypus. Hierbei gelten die Grundsätze, das der Yogalehrende

  • sich nicht als Missionar, sondern als als Dienstleister versteht.
  • die Beziehung zwischen Yogalehrer und Teilnehmer auf einer emanzipatorischen und partnerschaftlichen Ebene angesiedelt wird
  • der Yogalehrende lernt, sich selbst kritisch zu reflektieren und einen realistischen Standpunkt gegenüber sich selbst einzunehmen.
  • der Yogalehrende lernt, sich kritisch mit Dingen auseinanderzusetzen

    Hans Deutzmann

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